Training im Hochsommer in der Skihalle – Skifahren unter Laborbedingungen?.

Die Gletscher schrumpfen, die Sommer werden wärmer, zum Training muss man immer höher hinauf. Es sei denn, man fährt in der Skihalle. Eine Alternative, die unser Verein schon länger nutzt, heuer allerdings so intensiv wie noch nie. Das hat seine Gründe.

Überall das gleiche Bild. In Saas Fee, Zermatt, Hintertux oder am Stilfser Joch ziehen sich die Trainingsläufe wie Fäden über die Pisten. Nationalteams aus vielen Ländern ziehen ihre Kurven in den Schnee oder was noch davon übriggeblieben ist. Die Alternative heißt Skihalle und wird als Ergänzung – auch von der Weltklasse – immer mehr ins Programm aufgenommen.

Im Ski-Club Starnberg gibt es zwei Verfechter des sommerlichen Indoor-Skitrainings: Cheftrainer Tissi Pohlus schätzt seit Jahren die Möglichkeiten, die eine Skihalle bietet und in Helge von Hirschhausen hat er einen vollen Unterstützer. „Konstante Bedingungen, kurze Umläufe, hohe Frequenz, Bewegungen automatisieren“, das schätzt Tissi am Hallentraining. Und dass es zu flach ist, trifft zumindest auf Wittenburg bei Hamburg nicht zu. Eine steile Startrampe, zwei steile Geländeübergänge, die Pisten sind durchaus anspruchsvoll. 12-15 Fahrten mit 30-35 Toren pro 2 Std Training sind normal. Bei zwei Einheiten täglich, vor- und nachmittags sind das 900 bis 1000 Slalomschwünge am Tag, also bis zu viertausend in 4 Tagen. Ein anstrengendes Programm, das sehr viel an Konzentration und Kraft fordert. Dazu trägt auch der Temperaturwechsel bei und auch das ständige Aus- und Wiederanziehen zehrt.

Ein Zwölfstundentag ist es für die Trainer, denn in der Pause zwischen den Einheiten müssen die Ski präpariert werden. Bis zur U16 lässt man die Kinder da noch nicht drüber, höchstens zum Wachsen oder Abziehen. Ein Trainer präpariert die Ski und ein zweiter Trainer beschäftigt die Kids am Nachmittag, wobei die Kartbahn unter den Stützen des Alpincenters das Highlight war!

Wie anstrengend der ständige Temperaturwechsel ist, wurde im August deutlich. Null bis -5° C in der Halle, mehr als 30° C draußen. „Wir sind raus aus den Skischuhen und rein in die Flip-Flops“, erzählt Dani Pilgram, die mit Matthias Chwatal Mitte August als Trainer der 11-köpfigen zweiten Gruppe nach Hamburg-Wittenburg gestartet ist. Dani trainiert ja erstmals die U14, was ihr großen Spaß macht: „Sie sind schon viel selbständiger, die Ansprache an sie ist ganz anders, wir besprechen auch immer vorher, was gemacht wird. Und sie kommen auch schon in die Pubertät, da heißt es sensibel sein“, beobachtet Dani.

Den Anfang der Trainingsblöcke in Hamburg-Wittenburg hat Tissi zusammen mit Ingrid Zauner mit 14 Kindern gemacht. Bei der dritten Einheit waren dann alle dabei, über 30 Kids mit dem Reisebus nach Hamburg! Coronabedingt mit Maske, Pausen zum Lüften, Essen und Trinken (im Bus nicht erlaubt) dauerte die Reise 10 Stunden. Aber so sind im August 26 Hallentage zusammengekommen, jeder konnte 14 Tage Skifahren – nach dem Abbruch der Saison Mitte März war dies ein wichtiger Aspekt, um wieder in den Rhythmus zu kommen.

Es hat sich also gelohnt. Anfangs war die mit Sprühbalken präparierte Slalompiste beinhart, später, als es draußen immer heißer wurde, war der Schnee weicher, mit kleinen Wannen an den Stangen. „Vom Alpincenter Hamburg-Wittenburg und vor allem vom Pistenchef wurden wir hervorragend unterstützt. Das ging vom Rutschen über die Präparation bis zur perfekt getakteten Slotvergabe“, lobt Cheftrainer Tissi. Die bayerisch-hanseatische Zusammenarbeit hat aber auch der Betreiberseite gefallen. Marcel Flügge, Leiter Schnee- und Rennsport im Alpincenter Hamburg-Wittenburg, ist am Telefon voll des Lobes über die junge Truppe aus dem Süden: „Selten so strukturierte, aber vor allem gesittete Kinder und Jugendliche gesehen. Auch vor und nach dem Training! Am Schluss war es ja eine riesige Gruppe, was für die Trainer eine echt schwere Aufgabe ist, wenn man mal vergleicht, mit wie vielen Trainern und Betreuern Nationalmannschaften anrücken. Von Top-Athleten wie Pinturault oder Shiffrin ganz zu schweigen, die auch schon bei uns waren“.

Wer sich was Abschauen will, muss nur aus dem Lift nach unten blicken. Dieses Mal waren die C-Kader Athletinnen und Athleten des ÖSV am Start, geballte Skipower auf engstem Raum und die Kids mittendrin! Staunen und Lernen durch Beobachten. Ein weiterer Aspekt, der für die Halle spricht.

Der nächste Block wird jetzt im September im Alpenpark Neuss stattfinden. Andere Bedingungen, anderes Umfeld, Abwechslung. Skifahren unter Laborbedingungen soll es nämlich nicht sein, betont der Cheftrainer des SC Starnberg. Und: „Es ist sicher schöner, im Starnberger See zu schwimmen, aber wenn ich es perfektionieren will, gehe ich besser ins Hallenbad“.