Was tun mit einem Zweijährigen, der unbedingt zum Skifahren will, der mit 4 Jahren in den Wettkampfmodus gegen seine älteren Geschwister einsteigt, der auf der Piste für Entzückung bei den Skitouristen sorgt („kuckt euch mal den Kleenen an“), weil er nicht wie andere Kinder pflügt, rutscht, runterschießt oder -fährt, sondern carvt? Man klopft an beim örtlichen Skiverein, in diesem Fall dem K.S.C., dem Kitzbüheler Skiclub.

Die Wurzeln

Als Georg Eisenhut und seine Frau Sonja Straßer in drei Jahren drei Kinder bekommen, wollen sie immer öfter raus aus München und mieten sich eine Bleibe in Kitzbühel. Dort ist Georg als Kind gerne Ski gefahren, seine Verwandtschaft stammt aus dem Allgäu, er selbst hat es schon mit 3 Jahren gelernt. Linus, der Jüngste lernt mit 9 Monaten laufen und will bald nicht mehr beim Au-pair im Haus bleiben. Um 7 weckt er die Familie auf, hat seinen Overall an und will skifahren. Also rückt die Familie, allerdings erst gemütlich zwischen 10 und 11 Uhr, schon bald zu fünft aus. Damals, Mitte der Neunzigerjahre verändern sich Ski und Technik – Carven heißt die neue Formel und Linus bekommt als ersten Ski so einen Kindercarver.

Der erste Trainer

Mario Weinhandl ist Trainer beim Kitzbüheler Skiclub, zufällig ist er es, bei dem der Münchner Zweitwohnsitzler anfragt, wie denn das läuft mit den Kindern im Skiclub. Mario lässt Linus am Rasmuslift im Ziel der Streif vorfahren und entscheidet nach ein paar Kurven: „Den nehm ich!“ Damit beginnt eine bis heute andauernde Zusammenarbeit und Freundschaft. Allerding ist nicht um 10, sondern um 8 Uhr Treffpunkt an der Hahnenkammbahn. Und keine Minute später, sonst ist der Trainer weg.

Es ist ein cooles Training mit Mario. Erst Skifahren lernen, dann Stangen trainieren, lautet dessen Credo: Naturschneehänge, steil, bucklig, Tiefschnee, nichts wird ausgelassen – noch heute zehrt Linus von dieser vielseitigen Ausbildung. Bald darf er Bezirksrennen fahren, dass er Deutscher ist und Wochenendfahrer, spricht sich rum bei den Trainern, auch in Kirchberg und Westendorf, die ihn mögen. Das Material wird vom KSC gestellt, Linus gewinnt zwar nicht, da tut meistens ein Manuel Feller aus Fieberbrunn, er ist aber immer in den Pokalrängen.

Zum Turn- und Sportverein

Linus ist glücklich in Tirol, trotzdem rät Wolfgang Maier, den Vater Georg kennt, sich zusätzlich einen deutschen Skiclub zu suchen. Beim TSV 1860 gibt´s einen Bekannten, da klopft Georg an und Abteilungsleiter Horst Strelow segnet es ab, dass da einer kommt, der nur eine Startlizenz haben will. Kein Training im Verein, erstmal auch keine Rennen fahren. Das war 2001, Linus ist 8 Jahre alt.

Irgendwann ist er dann doch beim 60er Training dabei und trifft auf Ivan Hajny. Der erfahrene Masters-Rennläufer bringt der Familie, die in Sachen Material noch immer unbedarft ist, bei, dass es Trainings- und Rennski gibt und wie man sie pflegt. Linus taucht jetzt sporadisch auch bei SVM-Rennen auf, er fährt quasi zweigleisig, wobei ihm die Tiroler Bezirksrennen besser gefallen, vor allem, als er Bezirksmeister vor Manuel Feller aus Fieberbrunn wird.

Lex Linus

Als er für den Tiroler Landescup nominiert wird, taucht plötzlich eine Regel auf, nach der Ausländer nicht startberechtigt sind. Kurzerhand setzt daraufhin der Bezirksreferent eine Änderung des Reglements im Tiroler Skiverband durch: Ab sofort ist ein Ausländer startberechtigt. „Mit solchen messen wir uns gerne“, lautet die sportlich faire Begründung. Die Konkurrenz im Tiroler Landescup ist eine harte Schule, im SVM ist es, wen wundert´s, einfacher: In Seefeld fährt Linus gleich bei seinem ersten Schülerrennen im Münchner Skiverband Tagesbestzeit.

Team Linus

Im ersten Schülerjahr der U14 hat Linus, im November geboren, leichtgewichtig und von eher zarter Statur, häufig keine Chance gegen die kräftigen Konkurrenten seiner Altersklasse, vor allem, wenn die Riesenslaloms sehr flott gesetzt sind. Im 2. Jahr, er ist jetzt 13, verpflichtet sein Vater Georg für ihn einen hauptamtlichen Trainer: Seinen Kitzbüheler Schülertrainer Mario Weinhandl, der weiter viel Wert auf Technik, Vielseitigkeit und Freude am Skifahren legt. Die kontinuierliche Ausbildung schlägt im letzten Schülerjahr durch: Linus gewinnt die Gesamtwertung im Riesenslalom des Deutschen Schülercups, in Tirol fährt er nun keine Rennen mehr. Er bekommt auch internationale Einsätze, sein Mentor ist dabei DSV Sportdirektor Wolfgang Maier, der sein Talent längst erkannt hat. Im Allgäu gibt es da noch Stefan Luitz, auch er ein frühes Talent, ebenfalls Jahrgang ´92 und leichtgewichtig, gefördert von DSV-Nachwuchschef Martin Oßwald.

Im DSV-Kader

Am Ende der Schülerzeit schafft Linus den Sprung in den DSV-C/D Kader. Seinen Trainer kann er nicht mitnehmen, auf den hat Wolfgang Maier längst ein Auge geworfen, Weinhandl wird neuer DSV-Damentrainer, wird sich später auch um Felix Neureuther kümmern und ist aktuell im 2. Jahr Rennleiter der Hahnenkammrennen. Es finden sich andere Trainer, die ihn voranbringen, fördern und fordern, im Lauf der Jahre im DSV sind das Hannes Wallner, Albert Doppelhofer und derzeit Christian Schwaiger. Mit ihm kommt Linus sehr gut klar, laut ihm trägt die freundschaftliche, angenehme Stimmung im Team ganz klar seine Handschrift. Vor 3 Jahren, als Linus seine Trainingsleistungen einfach nicht in den Wettkampf umsetzen konnte und er deshalb schon ans Aufhören dachte, war es sein Trainer Bernd Brunner, der ihn überzeugte, weiter zu machen.

In der Weltspitze

Stimmt, einen Weltcupsieg hat Linus bereits im Januar 2017 erreicht – beim City Event in Moskau, einem Parallelslalom. Gleich in der 1. Runde hat er den Kristoffersen rausgeschmissen, danach die anderen Hochkaräter, im Finale gegen Pinturault gewonnen. Aber den ersten „richtigen Sieg“ hat er heuer in Zagreb geschafft, untermauert mit Platz 2 auf dem buckeligen Kuonisbergli-Naturhang in Adelboden. „So ein Sieg macht was mit einem“ hat er danach in Interviews gesagt. „Zu gewinnen ist nicht unerreichbar“. Ein Sieg als Konsequenz dessen, was in ihm schon immer steckt, endlich auch umgesetzt, und so ist Linus in dieser Saison in der Weltspitze angekommen. Weil er seinen Sport liebt, Skifahren ihm pure Freude bereitet. Und Spaß, das sieht man, wenn er zuhause in Kirchberg, wo er mittlerweile wohnt, zusammen mit seiner Freundin Maria Haimmerer (Inngau-Rennläuferin vom WSV Samerberg, auch im DSV C-Kader) Tiefschneefahren, Langlaufen oder auf Skitour geht.

Getreu dem arabischen Sprichwort „Was einmal passiert, kann einmalig bleiben, doch wenn es ein zweites Mal passiert, kann es sich immer wieder wiederholen“ sollten wir uns auf die WM-Slaloms am Wochenende mit Lena Dürr aus Germering und auf Linus´ Auftritt freuen und kräftig die Daumen drücken. Kira hat ja schon mal vorgelegt.

Palmares

  • Dezember 2007 1.FIS-Rennen Kaunertal
  • Februar 2011 1. FIS Sieg SL Feldberg
  • März 2011 1.Titel- Dt. Jugendmeister SL (vor Thomas Dreßen)
  • Oktober 2013 1.Weltcuprennen RS Sölden
  • Dezember 2013 1.Europacupsieg City Event Kronplatz
  • März 2014 1. Titel Deutscher Meister RS (aktuell sind es 5 Titel)
  • Januar 2015 1.Weltcup Top-Ten Platz SL Schladming Platz 5 hinter Neureuther und Dopfer (3.und 4.)
  • Januar 2017 1.Weltcupsieg City Event Moskau
  • Januar 2021 1.Weltcupsieg SL Zagreb / 2. SL Adelboden
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